Der Flieger schwebt hinab…glitzerndes Wasser…Hochhäuser direkt am Strand…ein Relief aus kegelrunden Hügeln und Gipfeln…und über allem thront Christus auf dem Corcovado…das kann nur Rio de Janeiro sein!
Mit dem Bus fahre ich in die Stadt und treffe überraschend ein deutsches Ehepaar aus Bad Homburg…Stefan und Kirsten, mit denen ich bereits bei den Iguazu Wasserfällen kurzen Kontakt hatte…wie sich herausstellt lebte Stefan vor knapp 35 Jahren hier und spricht auch Portugiesisch…er hat einige Tipps für mich parat…wir tauschen unsere Nummern aus und wollen eventuell am kommenden Tag gleich mal gemeinsam zum Zuckerhut…sehr schön!…ich steige dann auch richtig aus und finde relativ leicht meine Unterkunft…dieses Mal habe ich ein Zimmer in einer Wohnung über die Webseite AIirbnb.com gebucht…hier können Leute ihre Wohnungen, Zimmer oder auch Häuser inserieren und man kann sie dann mieten…mein Gastgeber arbeitet in Sao Paulo, aber seine Freundin ist da und empfängt mich…ihr Englisch ist nicht besonders gut, aber zum Wohnung zeigen reicht es…neben mir wohnt noch ein argentinisches Ehepaar in einem sowie Daniel aus Kalifornien in einem anderen Zimmer…die Freundin hausiert im Wohnzimmer hinter einem Vorhang…mensch die müssen es ja nötig haben bzw. sind wohl ganz schön Geldgeier…wer vermietet denn bitteschön seine komplette Wohnung in der er lebt? Mir kann es egal sein…ich gehe einkaufen und Geld abheben und koche anschließend gemeinsam mit Daniel…Fisch und Gemüse…sehr gesund und lecker…wir trinken ein Bierchen und quatschen noch eine Weile…morgen Abend wollen wir eventuell gemeinsam etwas machen…dann ist Feierabend…wir Beide wollen am kommenden Tag früh aufstehen…Freitag um 8 Uhr bin ich mit Kirsten und Stefan verabredet…wir nehmen den Bus zum Pao de Acucar…und fahren per Gondel hoch auf eines der berühmtesten Wahrzeichen der Stadt…der Blick ist echt sensationell…man sieht die Copacabana…die Christus Statue, die Innenstadt und bis weit über die Baia de Guanabara hinaus…die Bucht, die damals an einem Januartag die Portugiesen zu der Annahme verleitete…es handele sich um die Mündung eines Flusses…den „Rio de Janeiro“…wir knipsen unzählige Fotos und machen uns dann wieder auf den Rückweg…nachmittags laufen wir am Copacabana Beach vorbei, an dem Stefan früher mal gelebt hat…bis zu einer Felszunge…Pedra do Arpoador…von wo aus man den Zuckerhut als auch den Strand von Leblon und Ipanema sehen kann…die Sonne brutzelt und wir gönnen uns einen leckeren Caipi bevor wir den Strand entlanglaufen…Beachlife wohin das Auge schaut…es wuselt und wimmelt…irgendwann durchstreifen wir einen Abschnitt wo die Fußbälle nur so durch die Luft zirkulieren…so stellt man sich Brasilien vor…gegen 17 Uhr sagen wir au revoir…und ich begebe mich zurück in die Wohnung…leider taucht Daniel nicht auf…und auch die anderen Leute, von denen ich wusste dass sie in Rio sind haben keine Zeit bzw. melden sich einfach nicht…hmmm…ich warte und warte…währenddessen spreche ich mit der Freundin und frage wann Christopher denn heute kommt…sie meint er kann doch nicht am Wochenende kommen wegen der Arbeit…er kommt jetzt erst Montag…na Mensch… das ist natürlich nicht so schön…sie hatte extra einen Auflauf vorbereitet…ich erzähle ihr dass ich mich wahrscheinlich noch mit ein paar Leute treffe…und frage ob ich für den Fall, dass sich nichts ergibt mit ihr zusammen „how i met your mother“ anschauen kann…da sie sich eine Folge nach der anderen am Laptop reinzieht….ihre Antwort: NO!…Vorhang zu und weg ist sie…häh?…na das hätte man auch netter sagen können…egal…ich surfe noch ein wenig rum und gehe schlafen…Samstag schlafe ich aus…um 13 Uhr soll Stefan zu einem Drachenflug abgeholt werden, den er zum Geburtstag geschenkt bekam und hat angeboten ich könnte ja mitkommen falls Platz ist, um mal einen anderen Teil der Stadt zu sehen…klingt gut…bis dahin ist noch etwas Zeit…ich frühstücke und checke mein Postfach…eine Nachricht von Christopher…dem Vermieter…“ob ich nicht ganz richtige ticke…ob ich allen Ernstes mir erlaube seine Freundin anzumachen…eine Frechheit, dass ich sie auf einen Drink und zum Abendessen einlade…!!!“…ich soll mich auch kritisch geäußert haben, wie man denn seine Freundin einfach so am Wochenende allein lassen kann…ich soll die Wohnung bis morgen Mittag verlassen…“ansonsten bekomme ich ein Problem“…bitte was?…ich fall gleich vom Glauben ab…ist heute in Brasilien der 1. April?…filmen die gerade für versteckte Kamera? Das kann sich ja nur um einen sehr schlechten Scherz oder ein absolutes Missverständnis handeln…ich schreibe ihm per Whatsapp…wünsche einen guten Morgen und erkläre ihm genau das, was gestern abgelaufen ist…“nein, da gebe es gar keine Diskussion!“…langsam werde ich sauer…was bildet der Typ sich eigentlich ein, wie er mit anderen umgehen kann!?!?…ich habe auch schon alles im Vorfeld bezahlt…wer erstattet mir denn bitte das Geld zurück?…ich sage ihm, dass ich mich dann an Airbnb wenden werde…er meint ich hätte zwei Optionen…1) ich könne ohne Ärger zu machen und ohne Erstattung des Geldes „still“ die Wohnung verlassen ODER er würde das Geld zurückzahlen aber mir dann eine schlechte Bewertung auf dem Profil hinterlassen…was für ein Arschloch!!! Mir platzt gleich der Kragen…ich muss hier erstmal raus und bin froh, dass gleich 13 Uhr ist und teile ihm mit, dass ich jetzt eine Verabredung hätte und danach zurück komme und dann schaue ob ich was Neues finde…damit ist er erstmal zufrieden…völlig aufgewühlt verlasse ich den Ort des Grauens und treffe die Beiden in ihrem Hotel…zu allem Überfluss erscheint der Abholservice von dem Drachenflieger nicht…somit sind dann alle „gut“ gelaunt…wir beschließen zum Maracana zu fahren…dem Ort eines der größten deutschen Triumphe im Fußball…dem Ort an dem wir vor knapp einer Woche Weltmeister wurden…leider ist das Gebiet rings rum ziemlich zugebaut und so kann man sich nur dicht vor das Stadion stellen…ich hatte mir eine schönere Perspektive erhofft…mehr so von oben…und eine Tour kann man auch erst wieder ab Ende Juli machen…schade…mehr als eine Jubelpose ist also nicht drin…anschließend fahren wir nach Santa Teresa…einem Künstlerviertel…hier ist alles ganz anders…viel ruhiger als am Strand…enge Gassen…viele Grafitie…wir laufen ein wenig umher und als es dunkel wird nehmen wir den Bus zurück…jetzt muss ich erstmal sehen was passiert…ich checke zunächst informativ mal die Umgebung nach Hostels ab und werde auch bei einem fündig, was in derselben Straße liegt…gut…da geh ich doch gleich mal vorbei um herauszufinden ob die Kapazitäten haben…vorher schreibe ich ihm noch, dass es vermutlich schwierig wird heute was zu finden, dass ich dann aber morgen spätestens weg bin…das Hostel ist dann nur etwa vier Aufgänge weiter und ganz nett…nix Besonders…8 Bett Zimmer…aber sie haben Betten frei und sind vergleichsweise recht günstig ( Rio ist teuer!!!)…ich sage, dass ich evtl. noch heute oder morgen zurückkommen werde…geht klar…wieder in der Wohnung darf ich lesen „ wie es denn sein könne, dass ich immer noch in der Wohnung bin!?“ …ich soll doch bitte seinem ursprünglichen Gesuch Folge leisten…ja…mach ich doch…bis morgen Mittag hieß es…“das wäre jetzt die letzte Kommunikation…wenn ich nicht bis 9 Uhr raus bin kommt die Polizei“…unfassbar…der ist doch psychisch gestört…hat ne Vollmeise…mich halten hier keine zehn Pferde mehr…ich packe alles fix zusammen, schnappe meine sieben Sachen und weg bin ich! Im Hostel angekommen muss ich erstmal ein Bier trinken…dabei lerne ich Alejandro und Jorge aus Mexico sowie Gamse (Türkei) und Teresa (Tschechien) kennen…die vier arbeiten bei karikativen Projekten in Sao Paulo und laden mich gleich ein mit ihnen abends gemeinsam nach Lapa zu fahren…dem Bar- und Partyviertel…sehr gerne!…ich hab zwar noch nix gegessen, aber irgendwas werde ich schon unterwegs finden…also ab in den Bus…in Lapa ist dann richtig was los…das Partyvolk zieht durch die Strassen…überall Stände wo man Essen und Drinks kaufen kann…ich mampfe ein Hot Dog und eine riesige Wurst am Spieß und dazu gibt’s einen Caiprinha…hui…der ist ganz schön stark…meine Herren!…wir laufen ein wenig umher…halten mal hier und mal da…nach einem weiteren Drink gehen wir noch in einen Club…Jorge fährt zurück, da es ihm nicht so gut geht…der Rest macht noch ganz gut Party…ich muss immer wieder mit einer alten kleinen durchgeknallten Frau tanzen…sie erzählt dauernd was von Marihuana…ich nicke immer nett und lächle…sehr lustig…irgendwann geht es dann zurück und gegen 5 Uhr liege ich im Bett…völlig fertig! Der vorherige Tag…wenig Nahrung…Alkohol…lange wach…am Sonntag präsentiert sich mir die Rechnung auf dem Silbertablett…Kopfschmerzen und ich bin komplett durch…heute geht mal gar nichts…ich döse so vor mich hin und es reicht abends noch gerade dafür etwas mit Alejandro und Jorge essen zu gehen bevor die Vier wieder nach Sao Paulo zurückfahren…schnell ins Bett…morgen früh will ich mit Stefan und Kirsten zur Christus Statue rauf…wir treffen uns 7 Uhr an der Bushaltestelle und bekommen die erste Bahn auf den Corcovado um 8 Uhr…und dann erscheint er vor uns…der Cristo Redentor…Christus der Wiederauferstehende…majestätisch thront er auf dem Gipfel…breitet seine Arme aus in Richtung Morgensonne…zu seinen Füßen die Stadt in einem mystischen Licht…Weltklasse!…kann man nichts anderes sagen…der Blick ist grandios und weil wir so früh dran sind können wir von der Aussichtsplattform den Ausblick richtig genießen…besser geht es nicht am letzten Tag in Südamerika!…es dauert nicht lange und dann kommen die Tourimassen…es ist wieder Zeit zu gehen…und zwar wortwörtlich…wir fahren bis zur Hälfte der Strecke zurück per Bahn und laufen von dort aus Richtung dem Aussichtspunkt Mirante Dona Marta…außer uns macht das kein Mensch…wir laufen die Straße entlang und auf einmal beißt mich irgendwas im Nacken…autsch!…verdammt!…was ist das?…ich streife mit meiner Hand das Biest von mir…irgendwas Schwarzes…erkennen kann ich nix…der Schmerz mindert meine Aufnahmefähigkeit…was für ein fieser Biss…ein tiefroter Punkt…und es schwillt ziemlich schnell…ich kühle fortan mit einem feuchten Taschentuch…weiter geht’s…der Aussichtpunkt ist dann echt schön…man sieht den Zuckerhut von der typischen Postkartenperspektive und auch der Corcovado ist super zu sehen…hierher verirren sich normalerweise nur geführte Touren…wir genießen noch etwas die Sonne und fahren dann runter bis zum Strand von Flamengo von wo aus wir bis Botafogo laufen…ich will danach noch zum Copacabana Palace, dem teuersten und ältesten Hotel am Platz, um einen Weltpokal zu erstehen, die Repliken soll es dort geben…leider werde ich nicht fündig…wir trennen uns und ich gehe noch fix zur Post um ein paar Postkarten einzuwerfen…fix ist aber wieder utopisch…Südamerika typisch muss man eine Wartemarke ziehen…irgendwann ist auch das geschafft und ich gehe zum Hostel, schlüpf in meine Badeshorts und gehe zum Strand…wenigstens noch einmal in die Wellen springen! Danach packe ich meine Sachen und checke für die Flüge morgen ein…gegen 20 Uhr treffe ich noch einmal Kirsten und Stefan zum Abendessen und Caipi trinken am Strand…meine letzter Abend…sie bringen mich sogar noch zum Hostel…voll nett die Beiden…hatten echt ne Menge Spaß zusammen und ich habe mich super gefreut, dass ich sie getroffen habe…es ist dann doch recht spät geworden…schon 00:30 Uhr!…ups…schnell schlafen gehen…um 5:15 Uhr klingelt auch schon wieder der Wecker…ich will 6 Uhr an der Straße stehen um den Airportbus zu nehmen…Andrea aus dem Hostel begleitet mich netter weise…als wir so warten kommt ein Taxifahrer vorbei, der eh zum Flughafen muss und offeriert mir und einer anderen Wartenden die Fahrt für 20 Real…etwa 5 €…ok…warum nicht…wir kommen schnell vorwärts und schon nach 40 Minuten bin ich am Flughafen…auf dem Flug von Rio nach Sao Paulo lasse ich im Halbschlaf meine Reise Revue passieren…so viel ist passiert…so viele Menschen habe ich kennengelernt…wow…und jetzt heißt es Abschied nehmen…nach vier Monaten…ein wenig Melancholie erfasst mich…schleift mich kurz um die Ecke…aber nicht allzu lange…der Copacabana Blues verblast und die schönen Erinnernungen gewinnen Oberhand…schön wars!…echt schön…unvergesslich…einmalig…in wenigen Minuten geht’s los gen Heimat…ab nach Hause…ich freu mich auf Euch…bis Gleich!
Zuckerhüte und andere Leckereien…



